Mit dem Schiff einmal um die Welt
2016/2017 - Eine Kreuzfahrt mit der MS Artania
Die Atlantiküberquerung ist geschafft und wir machen morgens um acht Uhr an der Pier von Philipsburg fest. Es sind bereits schon drei weitere Kreuzfahrtschiffe da, die MSC Poesia (bis zu 3000 Passagiere), die Celebrity Summit (bis zu 2400 Passagiere) und die Star Legend (Passagierzahl mir nicht bekannt).
Die ursprünglichen Ausflugsangebote hat Phoenix wieder gestrichen, über die Gründe kann man nur spekulieren. Vor zwei Jahren waren wir ja bei unserer Südamerikarundreise schon mal hier und da haben wir die Unzuverlässigkeit unseres Busses gepaart mit chaotischen Verkehrsbedingungen erlebt. (siehe Reiseblog Südamerika 12. Blogeintrag zum 31.3.2015 )
Deshalb gingen wir unseren ersten Tag in der neuen Welt locker an. Mit dem Wassertaxi wollten wir ins nahegelegene touristische Zentrum. Hierzu musste zunächst eine schwierige Entscheidung getroffen werden. Die einfache Fahrt kostet 5 US-Dollar, die Tageskarte für belieb viele Fahrten hin und her kostet 7 Dollar. Wir entschieden und für die Tagesflatrate. Hierzu legte die Kassiererin jedem von uns ein Papierbändchen um das Handgelenk, wie man es auch von All-Inklusive-Ferienanlagen kennt. Das Wassertaxi entpuppte sich als ausgewachsener „Wasserbus“ mit Platz für 150 Passagiere.
Im Zentrum angekommen lehnten wir erst mal das Angebot für den 2 Strandliegen, einen Sonnenschirm und 5 Flaschen Bier für schlappe 25 Dollar ab. Also raus aus dem touristischen Trubel und etwas weiter von der Strand- und Uferpromenade weg. Dort war es aber so uninteressant und auch ein wenig schäbig, dass selbst wir keinerlei touristischen Honig daraus saugen konnten und kehrten reumütig Richtung Meer zurück. Hier fanden wir auch eine Strandbar mit WLAN. Jeder von uns mit einer Dose Cola (a 2 US-Dollar) und dem WLAN-Passwort („layback246“) bewaffnet nahmen wir Platz und waren nach 6 Tagen Internetabstinenz wieder mit dem Welt verbunden. Ich konnte den 2. Blogeintrag online stellen, was aber nicht ganz so einfach war, weil, obwohl im Schatten sitzend, das Display des Netbooks kaum lesbar war und die Suche nach dem Mauszeiger geriet zum Geduldspiel.
Buden, Bars und Restaurants, meist aus Holz und immer bunt und farbenfroh, Musiker mit Steeldrums, Touristenpreise (Hamburger mit Pommes 22 Dollar), so stellte sich dar Ort uns dar. Irgendwann waren wir wieder am Hafen, setzen und auf eine Bank um ein wenig Kreuzfahrtpassagiere zu beobachten.
Um 15.30, rechtzeitig zur Kaffeestunde waren wir wieder auf dem Schiff. Und für das ausgefallene Mittagessen gab es Kuchen und Sandwiches.
Als die Artania um 20.00 Uhr ablegte hatten wir immer noch unser Wassertaxiflatratebändchen um und wussten jetzt, dass das einfache Ticket für 5 Dollar genügt hätte.
Diese Karibikinselchen (22 km2) hat gerade mal knapp 400 Einwohner und keine Pier, die groß genug ist, dass wir anlegen können. Also liegen wir auf Reede, d.h. das Schiff hat ca. 1 Seemeile vor Spanish Town, dem Hauptort der Insel den Anker geworfen. Mit den Tenderbooten (das sind die Rettungsboote vom Schiff, die als schwimmende Shuttlebusse eingesetzt werden) kommen wir gegen 10.00 Uhr an Land.
Die Attraktion der Insel ist der Strand „The Bath“, ein Strand, an dem gewaltige Granitblöcke eine zum Meer hin offene Grotte bilden. Allerdings haben wir den Ausflug dorthin nicht gebucht und marschieren auf eigene Faust durch den Ort. Große Sensationen gibt es nicht zu berichten.
Eine Henne mit Küken überquert die Straße, ein blühender Strauch der von bunten Schmetterlingen besucht wird, erregt unsere Aufmerksamkeit und ein Gemüseverkäufer, der einen Tisch mit seiner spärlichen Auslage auf einem Parkplatz aufgestellt hat. Mit Letzterem kommen wir ins Geschäft. Eine Handvoll Tomaten wechseln für 2 US-Dollar den Besitzer. Klar, dass er uns mit dem Preis übers Ohr gehauen hat, aber was soll’s. Zum Trost schenkt er uns noch zusätzlich zwei weitere Tomätchen.
In der Nähe des Anlegers für die Tenderboote in einer Bar trinken wir jeder noch eine Dose Cola (a 2 Dollar), denn dafür verrät und die Dame hinter dem Tresen das WLAN-Passwort („abolute1“). 2 Dollar scheint wohl in der Karibik eine Standardpreiseinheit zu sein.
Pünktlich zum Mittagessen sind wir auf der Artania zurück. Die Tomaten schmeckten übrigens nicht schlecht, allerdings blieb die von mir erwartete Geschmacksexplosion am Gaumen aus.
Um 14.00 Uhr wurde der Anker gelichtet und das morgige Ziel angesteuert.
Heute stand ein ganz spezieller Ausflug auf der Tagesordnung. Der Hafenagent fuhr Doris und mich, sowie zwei weitere Damen mit seinem Minivan zu einer Zahnarztpraxis. Organisiert hatte diese Tour die Ärztin vom Schiffshospital, weil mich seit einigen Tagen entzündetes Zahnfleisch nervte, nicht besonders schlimm, aber es musste doch behandelt werden. Die beiden anderen Damen hatten auch Zahnprobleme und Doris fuhr als seelische Betreuung bei diesen Sammeltransport mit.
Die Fahrt dauerte nur wenige Minuten und die Praxis machte einen guten, sauberen modernen Eindruck. Man bot uns Tee und Kaffee an, es gab freies WLAN und ein riesiges Aquarium im Warte- und Behandlungszimmer soll beruhigend auf die Patienten wirken.s
Bevor wir irgendjemanden über Art und Umfang der dentalen Beschwerden berichten konnten, wurden wir zunächst alle erst mal geröntgt und zwar gründlich. Es wurde eine 180°-Aufnahme gemacht, d.h. das gesamte Gebiss wurde in seiner voller Schönheit von links nach rechts auf Röntgenfilm gebannt. Da hatte Doris aber Glück, das man sie nicht auch gleich mit durchleuchtet hatte.
Schließlich wurde ich von der Zahnärztin gefragt, wo der Schuh drückt. Zahnfleischentzündung um einen künstlichen Zahn, einem Implantat. Kein Problem, da wird das Zahnfleisch ein wenig angehoben und gesäubert. Die Unterhaltung lief auf Englisch, was insofern ein wenig problematisch war, weil das Englisch der Ärztin wegen des spanischen Akzents sehr schwer zu verstehen war und mein Schulenglisch auch nicht das Beste ist. Aber ich war dennoch gut vorbereite, denn ich hatte mir vorher aus dem Wörterbuch extra folgende Vokabeln rausgesucht:
Ich nahm auf dem einen Behandlungsstuhl Platz und auf dem zweiten Behandlungsstuhl in diesem Raum eine der beiden Reisekolleginnen. Ich bekam meine „local anesthesia“. Aber dann die wurde mir aber noch Blut abgenommen. Das würde gebraucht, weil man damit ein körpereigenes Plasma herstellen würde, das in oder um das Implantat eingebracht werden soll, weil das gut für die Heilung wäre.
Dann geschah erst mal lange nichts, weil meine Reisekollegin im Nachbarstuhl behandelt wurde. Als sie fertig war, musste ich meinen Stuhl verlassen und auf dem Ihren Platz nehmen. Als man mir dann auch noch einen fabrikneuen grünen Umhang brachte, so wie ihn in der Schwarzwaldklinik die Chirurgen tragen und diesen anziehen sollte, schwante mir nichts Gutes. Mit Skalpell wurde der Kiefer und Impantat freigelegt, mit einem Kratzhaken lange und ausgiebig und vor allem mit viel Kraftaufwand gekratzt und geschabt. Ein Hoch auf die „local anethesia“, man spürte wirklich überhaupt nichts.
Nach einer gefühlten Ewigkeit zeigte mir die Zahnärztin stolz ein Röhrchen mit einer hellbraunen Masse. Es war das Plasma, was man aus meinem Blut mittlerweile erzeugt hatte und mit einem ordentlichen Schuss Penicillin veredelt worden war. Das Gebräu wurde nun irgendwie in das Loch, das man mir irgendwo im Mund gegraben hatte, eingebracht. Das Ganze wurde schließlich mit viel schwarzem Bindfaden wieder zugenäht und verknotet. Die dafür notwendigen handwerklichen Fähigkeiten der Ärztin konnte ich dadurch ganz gut würdigen und erkennen, weil sich so ganz langsam meine geliebte Anethesia aus dem Staub machte. Mein verhaltenes Wehklagen über den Verlust meiner Freundin ließ die Zahnärztin relativ kalt und irgendwann war die schier endlose Nadelarbeit auch zu Ende und wirklich schlimm war die Sache nun tatsächlich nicht gewesen.
Man führte mich nun in eine Art Wohnzimmer, platzierte mich in einen bequemen Sessel, nicht ohne mir vorher noch ein Nackenhörnchen anzulegen, schaltet den Fernseher an und maß mir den Blutdruck, der erwartungsgemäß weit über normal lag (ich bin nämlich nicht unbedingt ein Held).
Als Belohnung für meine Tapferkeit strich mit die Zahnärztin liebevoll über den Kopf und sprach tröstende Worte und als Zugabe spendierte sie mir gegen aufkommendes postoperatives Aua noch eine Spritze in den Allerwertesten.
Der Service in dieser Praxis war wirklich erste Klasse und die Rechnung auch: 1.500 US-Dollar, zu entrichten in bar oder per Kreditkarte und vor allem sofort.
Da fielen hinterher die 51 Dollar in der Apotheke für ein Antibiotikum, 6 Schmerz- und entzündungshemmende Tabletten und ein Spray kaum noch ins Gewicht.
1.500 Dollar sei wirklich ein unverschämter Preis meinte später auch die Schiffärztin. Sogar in Singapur würde so eine Behandlung höchstens 1000 Dollar kosten und sie war bisher der Meinung, dass es dort am teuersten auf der Welt sei.
Aber man bedenke, es wurde ja auch wirklich viel teurer Faden vernäht.
Der rein touristische Teil an diesem Tag fiel bei uns übrigens komplett aus.
Da ich mir gestern gleich nach der Behandlung noch eine ordentliche Dosis Ibuprofen genehmigt hatte (4 x 400 mg) und die Backe eine Zeitlang mit den eiskalten Getränkedosen, die ich mit aus der kabineneigenen Minibar ausgeliehen hatte, gut gekühlt hatte, war ich heute absolut schmerzfrei.
Ich sollte mich trotzdem schonen und die Sonne meiden. Schonen kann ich gut, aber Sonne meiden in der Karibik ist ganz schön schwierig.
Wir lagen heute ziemlich weit draußen auf Reede und eine einzelne Tenderfahrt dauerte recht lange, nämlich 20 Minuten.
Rund um den Anleger des Tenders war viel touristischer Rummel. Einen kleinen Ausflug mit einer Moped- Rikscha hätte man z.B. machen können, aber so richtig Lust hatte wir nicht, da uns trotz wortgewaltiger Erklärung des Fahrers Ziele und Umfang der Fahrt ganz klar wurden.
Also machten wir nur einen kleinen Spaziergang entlang der Uferpromenade. Wir besichtigten eine alte Kirche. Im Reiseführer ist über sie vermerkt, dass man sie Ende des 19. Jahrhunderts in England abrissen hat, die Steine hierher verschiffte und das Ganze dann hier wieder aufbaute.
Viel mehr gibt es heute auch nicht zu berichten. Vielleicht noch, dass gestern das Filmteam für „Verrückt nach Meer“ an Bord gekommen ist, zusammen mit „Reiseleiter Bernd“ (Phoenix-Mitarbeiter Bernd Wallisch), der schon in vielen Verrückt-Nach-Meer-Episoden ins Bild gesetzt worden war und den Hardcore-Fans dieser Sendung sicher ein Begriff ist (neben Kapitän Hansen, Dr. Winnie Koller und Kreuzfahrtdirektor Thomas Gleis).
Bei der Grillparty am heutigen Abend, die unter dem Titel „Karibisches BBQ“ lief wurde schon fleißig gefilmt.
Das Grillgut war von ausgezeichneter Qualität. Der Rindfleischspieß zum Beispiel brauchte den Vergleich mit einem Steak bei Maredo nicht zu fürchten. Heute Abend war alles stimmig, von der Deko, der Musik bis zur Eistheke. Großes Lob an die Küchen- und Restaurantcrew.
Zu den flambierten Bananen paste sehr gut das Chilli-Schololadeneis.
Die beleuchteten Säulen waren übrigens ganz aus Eis
Grand Turk ist die größte Insel der Turks-Inseln, welche gemeinsam mit den etwa 30 km nordwestlich gelegenen Caicos-Inseln das britische Überseegebiet der Turks- und Caicosinseln bilden.
Schon früh um 7.00 Uhr machten wir an der Pier fest. Als wir um 8.30 Uhr auf dem Promenadendeck auf dem Weg zum Frühstück waren, tauchte neben uns plötzlich wie von Geisterhand der riesige Bug der Carnival Sunshine auf, ein Kreuzfahrer für 3000 Passagiere und machte neben und an der Pier fest.
Wie meistens kamen wir vor 10.00 Uhr nicht von Bord, denn in der Ruhe liegt die Kraft.
Das Gebiet um die Pier war rein touristischer Natur. Restaurants, Boutiquen, Souvenierläden, Buden, an denen man Schnorchel- und Bootstouren buchen konnte.
Daran schloss sich gleich ein großer Sandstrand an, auf den wir gleich zusteuerten. Schuhe aus, Hosenbeine hochgekrempelt und ab durch das seichte, warme türkisfarbene Wasser.
Auf dem Rückweg nahmen wir einen Drink an einer Strandbude, wo es selbstverständlich freies WLAN gab. Deutschland ist dagegen in Bezug auf öffentlichen freien Internetzugang ein rückständiges Entwicklungsland.
Aber solch trübe Gedanken verfliegen hier schnell, weil man hier auch ohne weißen Rum das Bacardi-Feeling einstellt - Karibik wie aus dem Bilderbuch.
Um 11.00 Uhr konnten wir von unserer Strandbar aus beobachten, wie unsere Artania ablegte. Wir hatten natürlich nicht vor lauter Glückseligkeit unser Schiff verpasst, sondern die Artania musste Platz machen für einen weiteren US-Riesen, die „Regal Princess“, die im Anmarsch war. Die Artania warf ein wenig außerhalb den Anker und gegen 1.00 Uhr fuhren wir mit dem Tenderboot zurück zu unserem Schiff.
Gestern bat die Kreuzfahrtdirektion per Lautsprecherdurchsage darum, dass die ins Tenderboot Einsteigenden doch bitte nach hinten durchrutschen sollen, damit die folgenden Passagiere nicht über vorne Sitzenden steigen müssen.
Aber ob man einem Ochs ins Horn petzt oder der berühmte Sack Reis in China …
Es täte mir ja ganz ganz furchtbar leid, wenn ich beim nächstenmal, natürlich vollkommen unabsichtlich, so einem Vornesitzer auf die Füße treten würde.
Um 14.00 Uhr legte die Artania ab, mit Ziel Havanna.
Am Vormittag saß ich wieder mal am „beinahe schönstem Arbeitsplatz der Welt“ ,im Jamaica Club, und bereite schon mal so weit als möglich das Hochladen des 3. Blogeintrags vor. Ich hoffe das wird morgen in Havanna klappen.
Ich habe mich über die bisherigen ermunternden Gästebucheinträge gefreut und auch einige persönliche Mails erhalten, in denen sich die Absender positiv über den Blog äußern. Außerdem haben sich mittlerweile über 50 Abonnenten für den Blog-Newsletter angemeldet, die dann automatisch benachrichtigt werden, wenn ein neuer Blogeintrag wieder online geht. Da macht die Arbeit am Blog natürlich doppelt Spaß.
Der Höhepunkt des Tages war sicherlich der Frühschoppen, der mit Freibier, Leberkäse, Weißwurst,Laugenbrezeln und Stimmungsmusik immer wieder die Massen anzieht. Der Frohsinn dauert genau 60 Minuten, nämlich von 11.00 Uhr - 12.00 Uhr, dann stoppt augenblicklich der Freibiernachschub und die Leckereien werden unbarmherzig weggetragen. Es ist schwer, die Zeit bis zum Mittagessen um 12.30 Uhr zur überbrücken. Aber es wird ja auf jeder Reiseetappe eine Wiederauflage geben und es liegen noch 6 weitere Etappen vor uns.
Bereits gestern Abend gab es eine kurze Durchsage, dass auf Grund der Wetterlage der Hafen von Havanna gesperrt sein könnte. In der Nacht fing das Schiff dann auch tatsächlich an zu schaukeln und am Morgen schwankte es zwar ganz ordentlich, aber nicht so stark, dass es sich lohnen würde, darüber extra zu bereichten. Um 10.00 Uhr sollten wir planmäßig einlaufen, aber bis 9.30 Uhr gab es keinerlei Infos oder Durchsagen, ein schlechtes Zeichen. Dann war es offiziell, der Hafen ist gesperrt und wir würden bis auf unbestimmte Zeit Warteschleifen in gebührendem Abstand vor Havanna drehen.
Das Filmteam von "Verückt nach Meer" war sofort in Aktion und interviewte Reiseleiter Bernd zur derzeitigen Lage
Am Nachmittag gab es die nächste Information. Der Hafen wird frühestens am nächsten Morgen um 7.00 Uhr geöffnet.
Da wir 3 Tage in Havanna liegen würden, trifft uns der „verlorene“ Tag nicht ganz so hart. Schlechter sind da die Passagiere dran, die morgen das Schiff verlassen wollen, um nach Hause zu fliegen.
Eine Stunde später wurde die Information dahingehend präzisiert, dass wir ja nicht nur die Hafeneinfahrt benötigen, sondern auch eine passende Pier brauchen, um anlegen zu können. Deshalb müssen wir morgen auf die Abfahrt der MSC OPERA warten, die die Einfahrt noch geschafft hat und ihren Liegenplatz erst morgen um 14.00 Uhr verlassen wird. Vor 15.00 Uhr ist an ein Anlegen gar nicht zu denken.
Jetzt kommt Phoenix richtig ins Rotieren, nicht nur auf dem Schiff, sondern auch in der Zentrale in Bonn. Die Vormittagsflieger nach Europa werden nicht mehr erreicht und es müssen etliche Passagiere irgendwie umgebucht werden. Das gesamte Ausflugsprogramm ist hinfällig bzw. wird teilweise neu terminiert.
Da wir weder nach Hause fliegen noch Ausflüge gebucht haben, sind wir immer noch relativ gelassen. Die Reiseleitung öffnet den Weinkeller und spendiert vor dem Abendessen ein Gläschen Grauburgunder Spätlese, um die Gemüter etwas zu beruhigen.
Erst als wir am Abend mit dem Tagesprogramm für den folgenden Tag auch noch die Information erhalten, dass die Abfahrt aus Havanna am dritten Tag nicht um 20.00 Uhr, sondern bereits um 12.00 Uhr erfolgen soll, entfährt uns das böse Wort, das mit „Sch…“ anfängt.
Zum Frühstück gab es heute Sekt - warum wohl? Die Meldung, dass der Hafen immer noch geschlossen ist, und eine Einfahrt heute früh sowieso nicht möglich gewesen wäre. hebt die Stimmung auch nicht unbedingt.
Nach dem Frühstück ging ich wieder in mein „Büro“, dem Jamaica-Club und notiere die aktuellen Entwicklungen in mein Netbook.
Der Kapitän, Jens Thorn, ein typischer, alter Seebär, kommt zufällig vorbei und erzählt, dass ihm die kubanischen Behörden „bis hier“ stünden. Emails werden nicht beantwortet und das Telefon wird nicht abgehoben. Er weiß, dass die Windstärke im Hafen höchsten 4 beträgt und eine Einfahrt absolut unproblematisch sei, aber wenn die Behörden nicht wollen, dann wollen sie nicht.
Drei Mitarbeiter von Phoenix kommen vorbei und erklären, sie seien ein „Einarmiger Bandit“. Man drückt gegen den Arm des männlichen Teils des Spielautomaten und jeder der drei humanoiden Komponenten zieht unter Absonderung spielautomattypischer Geräusche eine Frucht aus dem Hut. Bei drei gleichen Früchten gewinnt man einen Cocktail.
Phoenix zieht wirklich alle Register.
Am Nachmittag gegen 16:00 Uhr machen wir endlich an der Pier fest. Es gibt zwar vielleicht 10 Piers jeweils mit Hafengebäude, aber lediglich bei unserem Anleger ist das Gebäude noch halbwegs intakt, bei den anderen handelt es sich eher um Ruinen. An der Pass-Stempelstelle hatte es sich noch einmal ein wenig geknäuelt, aber um 17.30 Uhr standen wir tatsächlich mit beiden Füßen auf festem Boden in Havanna. Wir lagen mit der Artania direkt in der Altstadt, sodass wir bequem zu Fuß alle Wichtigen Sehenswürdigkeiten erreichen konnten.
Paläste, Museen, Kirchen, Wohngebäude im Kolonialstil und viele großzügig angelegte Plätze und die gepflasterten Straßen und Gassen geben der Altstadt ein ganz besonderes Flair, schwer zu beschreiben. Vielleicht ein wenig vergleichbar mit dem French Quarter in New Orleans.
Natürlich stechen an Uferstraße die Oldtimer ins Auge, die als Taxen und Ausflugsfahrzeuge eingesetzt werden. Da gibt es alte klapprige Rostlauben und tiptop im Schuss gehaltene chromblitzende Schätzchen, sowohl als Cabrios als auch geschlossene Limousinen. Aber auch Motorad- und Fahrradrikschas stehen zur Verfügung.
Es wurde dann sehr schnell dunkel und man orientierte sich natürlich an den besser beleuchteten Gassen und mied die dunklen Straßen. In und um die vielen Restaurants wurde fleißig musiziert und wir ließen uns ziellos treiben, denn es gab immer irgendwo etwas zu sehen oder zu bestaunen. So seien hier nur zwei Beispiele genannt; der Bierausschank, in dem man das Bier in einem 3-Liter-Glaszylinder zum Selbstzapfen serviert bekommt und das Restaurant, das einem Kloster nachempfunden ist und die Kellner in Mönchskutten gehüllt sind.
Entgegen unseren sonstigen Gepflogenheiten traten wir unseren Landgang nicht erst um 10.00 Uhr sondern bereits um 9.00 Uhr an, denn um 11.00 hieß es schon wieder - „alle Mann an Bord!“. Zwar war für die Abfahrt nach wie vor 12.00 Uhr vorgesehen und normalerweise ist eine halbe Stunde vor Abfahrt der letzte Einschiffungstermin, aber für 11.15 Uhr war die Rettungsübung angesetzt, die seltsamerweise auch wir dieses Mal wieder absolvieren mussten, obwohl wir ja schon eine in Genua absolviert hatten. Man hat uns von der knappen Zeit also noch mal eine halbe Stunde weggenommen.
Wir wandelten zunächst noch einmal auf unseren gestrigen Spuren, dieses Mal im Hellen. Uns fallen Schlangen vor Banken, Wechselstuben und Geldtransfer-Dienstleister (z.B. Western Union) auf, die alle erst um 10.00 Uhr öffnen. Die Auslagen und Angebote in den wenigen Lebensmittelgeschäften, wie Bäckereien oder Fleischereien in und um den touristischen Kern der Altstadt sind eher dürftig.
Für den Rückweg zum Schiff entschieden wir uns für einen Weg durch ein Sträßchen einen Block weiter parallel zur Touristenmeile. Da sah die Welt schon anders aus. Viele von der Substanz her schöne alte Gebäude sind dem Verfall preisgegeben.
Im Hafengebäude wurde erneut von den kubanischen Behördenunser Pass und das Gepäck gecheckt, was aber dieses Mal relativ zügig abging und trafen pünktlich am Schiff ein.
Um 12.00 hieß es wieder mal „Leinen los“ und unser nächstes Ziel hieß: Cozumel in Mexico: